Das Vorstellungsgespräch – Interview mit Irene Zeller, Spital Uster

In diesem Blogbeitrag

Ein erfolgreiches Vorstellungsgespräch macht den Unterschied zwischen einer vielversprechenden beruflichen Chance und einer verpassten Gelegenheit. Doch worauf kommt es wirklich an, um im Bewerbungsgespräch zu überzeugen?

Irene Zeller – HR Business Partner für den Pflegebereich im Spital Uster – gibt dir einen exklusiven Einblick in die wichtigsten Aspekte eines Vorstellungsgespräches. Von der Vorbereitung auf das Gespräch, über das Verhalten bis hin zu den Fragen, die "den" Unterschied machen können. Ihre Ratschläge sind wertvoll für alle, die beim nächsten Bewerbungsgespräch überzeugen möchten.

 

Wer ist Irene Zeller?

Irene Zeller ist HR Business Partner im Spital Uster. Dank ihrer jahrelangen Erfahrung in der Rekrutierung von Fachkräften kennt sie die Erwartungen und Herausforderungen an Arbeitgeber:innen und Bewerber:innen von heute und wie sich diese in den letzten Jahren verändert haben.

Im Interview gibt sie wertvolle Einblicke in den gesamten Bewerbungsprozess, teilt ihre Erfahrungen und gibt dir unzählige Ratschläge für dein nächstes Vorstellungsgespräch.

Im Interview mit Irene Zeller 

Was hat sich über die letzten Jahre beim Bewerben verändert? 

«Einst war klar, wie eine Bewerbung auszusehen hat. Wer sich nicht an diese Form hielt, hatte verloren. Heute ist das zum Glück nicht mehr ganz so. Unternehmen sind viel offener geworden. Heutzutage kann man vielerorts auch nur den Lebenslauf schicken oder sich kurz in einem Video vorstellen. Die ergänzenden Bewerberunterlagen, wie Arbeitszeugnisse, können nachgereicht werden. Generell verlieren Papiere, wie das Motivationsschreiben oder das Arbeitszeugnis, an Bedeutung. Natürlich haben diese noch eine gewisse Wichtigkeit, aber ihre Aussagekraft nimmt zunehmend ab. Der Druck von Gewerkschaften und Rechtsschutzversicherungen erzwingt oft zu wohlwollende Arbeitszeugnisse, was Einbussen in der Glaubwürdigkeit zur Folge hat.

Zudem ist auch die Geradlinigkeit eines Lebenslaufes nicht mehr ein absoluter Wert. Heute ist es normal, dass Bewerber:innen mal einen Unterbruch im Lebenslauf haben.

Der Arbeitsmarkt hat sich grundlegend verändert: Heute bemühen sich nicht Arbeitnehmende um Arbeitgeber:innen sondern anders rum: Arbeitgeber:innen müssen Arbeitnehmende gewinnen!»

 

Ist das Vorstellungsgespräch heute trotz der ganzen Veränderungen noch wichtig?

«Das Vorstellungsgespräch ist und bleibt ein wichtiges Element im Bewerbungsprozess. Es ist die Chance, sich gegenseitig persönlich kennenzulernen. Man sieht sich das erste Mal. Gegenseitig bietet ein persönliches Gespräch die Chance zu überzeugen oder zumindest im Prozess ein Stück weiter voran zu kommen. Die Hauptgrundlage der Entscheidung, ob jemand angestellt wird oder nicht liegt – ausser bei hochqualifizierten Fachkräften – vor allem auf der Beziehungsebene. Während eines persönlichen Gespräches entwickeln sich Emotionen und bilden sich gegenseitig Argumente für oder gegen eine Zusammenarbeit.

Im Spital Uster wird das Vorstellungsgespräch in der Pflege an einen Einblicks-Tag gekoppelt. So haben Kandidat:innen die Möglichkeit, das Spital, die zukünftigen Teamkolleg:innen, wie auch das Umfeld gleich im Alltag kennenzulernen.»

 

Was rätst du einem:r Kandidat:in: Wie sieht die optimale Vorbereitung auf ein Gespräch für eine Pflegestelle aus?

«Es gibt grundsätzlich keine Regel, wie man sich vorbereiten soll oder muss.

Jede:r Kandidat:in ist unterschiedlich – einige sind spontaner, andere bereiten sich bis aufs kleinste Detail vor. Es ist wichtig, diese Feinheiten wahrzunehmen, den im zukünftigen Alltag werden diese prägend sein. Wichtig ist es darum, sich selbst zu bleiben und authentisch zu sein. Es gibt also keine Grundregel: stundenlanges Vorbereiten ist nicht besser oder schlechter, als spontan fit zu sein für einen überzeugenden Austausch. Ganz unvorbereitet zu sein dagegen ist ein "No-Go". Es demonstriert dem Gegenüber mangelndes Interesse und Wertschätzung (gegenseitig!).

Am Ende ist jedes Element im Bewerberprozess ein Steinchen, welches den Gesamteindruck zeichnet, als Grundlage für die Entscheidung – gegenseitig: gegen- oder füreinander.»


Worauf achtest du bei einem:r Kandidat:in als erstes?

«Ganz klar: das Erscheinungsbild und die Umgangsformen. Höflichkeit, Anstand und ein gepflegtes Äusseres wirken stark – werden aber je nach Stelle natürlich mehr oder weniger gewichtet.

Früher herrschte die Tendenz, sich für ein Vorstellungsgespräch stark heraus zu putzen beziehungsweise "aufzubrezeln". Heute ist es viel wichtiger, natürlich und authentisch aufzutreten. Man soll keine Maske aufsetzen oder eine Rolle spielen, sondern sich selbst sein.

Grundsätzlich empfehle ich Bewerber:innen, sich an den Dresscode "Alltag PLUS" zu halten. In der Pflegebranche machen zudem lackierte Fingernägel und lange, offene Haare keinen guten Eindruck. Aus hygienischen- und Sicherheitsgründen ist das im Umgang mit Patient:innen nicht erlaubt.»

 

Welche spezifischen Fähigkeiten suchst du bei Bewerber:innen für Pflegepositionen?

«Es geht nicht nur um die Fachkompetenz allein. Natürlich ist diese besonders in einem anspruchsvollen Bereich wie der Pflege unerlässlich. Doch darüber hinaus legen wir grossen Wert auf soziale Kompetenzen. Gerade in interdisziplinären Teams ist es entscheidend, gut miteinander auszukommen und effektiv zusammenzuarbeiten. Dies gilt nicht nur für die Pflege, sondern auch für viele andere Branchen und Bereiche. Soziale Kompetenzen sind letztendlich das A und O, um im Job erfolgreich zu sein.»

 

Führst du vor dem Gespräch einen Social Media Check bei potenziellen Kandidat:innen durch?

«Ich persönlich finde, man sollte Privates und Berufliches trennen und diese Grenze als Arbeitgeber:in auch respektieren. Falls ich bei einer Person Unsicherheiten habe, die in mir ein ungutes Gefühl auslösen, kann es natürlich auch mal vorkommen. Grundsätzlich gehört es aber nicht zu unserem Standardprozess.»

 

Welche Fragen stellst du im Vorstellungsgespräch am liebsten?

«Die Fragen sollten sich meiner Meinung nach von Person zu Person unterscheiden und immer individuell angepasst werden. Ich bin kein Fan von klassischen Standardfragen.

Natürlich sind die Fragen abhängig von der Position, für die sich eine Person bewirbt. Wenn es um eine verantwortungsvolle Position geht, sind die Fragen etwas, ich sage mal "frecher" oder eben fordernder. Hier sind meine Fragen sehr genau überlegt und exakt auf das angepasst, was eine Person von sich zeigt und sagt. Ich versuche dann, die Eigenheiten heraus zu kitzeln und nachzuhaken, um zu erkennen wie die Person mit kritischen Fragen umgehen kann oder sich in Situationen unter Druck verhält.

Eine meiner Lieblingsfragen lautet, was ein:e Freund:in antworten würde, wenn er/sie die Kandidat:in beschreiben müsste. 

Viele sind dann etwas irritiert, da sie eine andere Perspektive einnehmen müssen. Aber ich finde diese Frage wirklich sehr interessant und aufschlussreich.»

 

Was sind absolute No-Gos im Bewerbungsgespräch? 

«Anstandsdinge – wenn jemand den Raum betritt und nicht freundlich grüsst oder den Regenschirm achtlos auf den Boden wirft. Dann ist der Start schon mal unglücklich.

Das gilt aber auch für Arbeitgeber:innen! Es ist wichtig, dass man bei der Begrüssung aufsteht und dem Kandidaten ein Glas Wasser oder Kaffee anbietet. Man muss die Umgangsformen pflegen. Das kann natürlich auch auf eine ganz coole und lässige Art und Weise sein.

Aber egal, ob das Arbeitsumfeld cool und modern oder eher klassisch ist – der Grundanstand und die Höflichkeit bleiben Pflicht.»

 

Wie gehest du mit Bewerbenden um, die eine Lücke in ihrem Lebenslauf haben?

«Eine Lücke gehört heutzutage fast dazu – es ist wirklich kein Problem mehr. Ich persönlich finde die Lebensläufe, die nicht ganz geradlinig sind sogar sympathischer. Wahrscheinlich, weil meiner da auch dazu gehört. 

Den gewählten Weg dann zu erforschen und zu verstehen, finde ich dann auch sehr spannend. Ich achte aber schon darauf, dass in der "Lücke" auch etwas Sinnhaftes und Stimmiges gemacht wurde. Man soll nicht lügen, sich aber überlegen, was man Relevantes über diese Zeit erzählen kann und weshalb man sich dafür entschieden hat, diese Auszeit zu nehmen.»

 

«Es gibt heute relativ viel Spielraum für Auszeiten oder andere Lebensabschnitte, zu denen man auch stehen darf!»

- Irene Zeller, HR Business Partner, Spital Uster AG 

 

Und bei einem Quereinstieg?

«Das Thema Quereinstieg ist sehr aktuell in der Pflegebranche.

Ich persönlich finde die Option des Quereinstiegs sehr cool. Die Akzeptanz ist immer noch nicht überall verbreitet. Mit sinkender Zahl der Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt, wird auf Quereinsteiger oder ältere Semester nicht verzichtet werden können. Im Sinne der Diversität finde ich es eine sehr bereichernde Tendenz.

Das Spital Uster ist diesem Thema gegenüber sehr offen und möchte den Quereinstieg fördern! Wir haben spezielle Programme für Quereinsteiger. Ich selbst fungiere häufig als erste telefonische Anlaufs- und Beratungsstelle für Personen, die einen Quer- oder Wiedereinstieg in die Pflege wagen wollen.

Es darf dabei nicht vergessen werden, dass die Einarbeitungszeit oder der Weg lang und steinig sein kann. Wir haben viele Personen, die bei uns ein drei monatiges Praktikum machen und dann entscheiden wie weiter. Es gibt den Weg als Pflegehilfe zu arbeiten oder auf dem zweiten Bildungsweg noch Fachperson Gesundheit (EFZ) oder sogar diplomierte Pflegeperson (Studium) zu werden.

Folgende Institutionen sind hier sehr empfehlenswert:

Für den zweiten Bildungsweg – Quereinstieg, gibt es:

  • das BIZ Oerlikon – es berät interessierte Personen hinsichtlich Umschulungen resp. Zertifizierung im Pflegebereich.»

Wie wichtig ist dir die nonverbale Kommunikation der Kandidat:innen? Beispielsweise ihre Körperhaltung oder der Augenkontakt?

«Einer der wichtigsten Aspekte für mich ist immer der Augenkontakt! Wenn ich mit jemandem spreche, ist es seltsam, ihm nicht in die Augen schauen zu können. Der Blickkontakt beeinflusst die Wirkung unserer Aussagen und des gesamten Gesprächs massgeblich. Natürlich fällt es nicht jedem leicht, den Blickkontakt zu halten. Doch dies kann trainiert und geübt werden.

Hat man Mühe mit dem Blickkontakt, da man beispielsweise sehr nervös ist, ist es durchaus erlaubt, dies offen anzusprechen. Es ist völlig in Ordnung zu sagen: «Schauen Sie, ich bin gerade ziemlich nervös». Das wirkt authentisch und ehrlich und kann den Druck ein wenig mindern. Die meisten Arbeitgeber:innnen haben Verständnis dafür. Indem man es offen anspricht, schafft man eine entspannte Atmosphäre.»

 

Welche Rolle spielen Soft Skills in der Pflegebranche und wie bewertest du diese während des Vorstellungsgesprächs?

«Fachkompetenzen können grundsätzlich erlernt werden. Bei Soft Skills ist das schwieriger. Ich würde immer jemanden bevorzugen, der mich als Person überzeugt, aber dafür Mängel in der Fachkompetenz aufweist.  

Grundsätzlich kann man zwischen Fach-, Persönlichkeits-, Methodik- und Führungskompetenzen unterscheiden.

Führungskompetenzen und Methodik können etwas entwickelt resp. verbessert werden. Bei der Komponente Persönlichkeit wird es anspruchsvoller. Diese ist ab einem gewissen Alter geprägt und in sich abgeschlossen. Nur minimalste Veränderung sind mit hoher Selbstreflektion möglich.»

 

Was ist wichtiger: Erfahrung, Weiterbildungen oder Soft Skills?

«Der Trend ist heutzutage, möglichst viele Weiterbildungen und Diplome vorweisen zu können. Da muss ich immer ein wenig schmunzeln, denn Lebens- sowie Berufserfahrung sind in meinen Augen ein ebenso wichtiger Teil. Schlussendlich macht der richtige Mix es aus.

Es gibt allerdings einen Wert, der für mich über allem steht: Reflektiertheit. Also ob eine Person sich selbst reflektieren kann oder nicht. Es bedeutet über sich selbst, das eigene Verhalten sowie die eigenen Handlungen nachzudenken und Hinweise oder Feedback zu prüfen – und sich dessen bedacht, darauf basiert weiterentwickeln zu können. Ohne Selbstreflexion und Sozialkompetenz nützen die höchsten Diplome und Weiterbildungen nichts.

Man könnte in diesem Zusammenhang auch Agilität und Flexibilität als ergänzend gewinnende Faktoren nennen, welche Entwicklung fördern oder möglich machen.

Diese persönlichen Grundzüge sind nicht nur in der Personalgewinnung wichtig, sondern ebenso die entscheidenden Elemente bei der Wahl von Nachwuchstalenten.»

«Der Weg ist das Ziel! Jeder Schritt im Leben, den wir machen, ist wichtig und verdient die entsprechende Wertschätzung. Denn aus allen erlebten Situationen sind wir das, was wir sind – und wenn wir fähig sind, das zu verstehen und mitzutragen, sind wir zu mancher Weiterentwicklung fähig.»

- Irene Zeller, HR Business Partner, Spital Uster AG 

 

Wie sollten Bewerber:innen mit einer Absage nach einem Vorstellungsgespräch umgehen?

«Grundsätzlich finde ich, es soll bei jedem Vorstellungsgespräch einen Mehrwert geben, welcher der/die Kandidant:in mitnehmen darf – auch wenn darauf eine Absage folgt. Jede Absage soll nach Möglichkeit spezifisch und persönlich sein, um diesen Mehrwert abzurunden. Denken wir daran: Der Weg ist das Ziel!»

 

Was muss ein:e Kandidat:in mitbringen, wenn er/sie im Spital Uster arbeiten möchte? Was ist dir wichtig?

«Die fachlichen Kenntnisse und Diplome sind je nach Position unerlässlich, da sonst eine Funktion oder wichtige Aufgaben nicht ausgeführt werden dürfen.

Insgesamt suchen wir zu jederzeit offene, authentische, fröhliche und unkomplizierte neue Team-"Gspänli". Menschen, mit denen man sich wohl fühlt!»

 

Das Spital Uster 

Dem Spital Uster liegt dein persönliches Jobglück am Herzen. Du möchtest durchstarten, deine Ideen einbringen und dich selbst weiterentwickeln? Dann bist du bei ihnen genau richtig!

Sie suchen motivierte und begeisterte Fachkräfte. Was du dafür bekommst? Ein dynamisches Arbeitsumfeld, spannende Projekte und einen tollen Teamspirit. Sie schätzen dich für dein Wissen und Tatendrang und freuen sich darauf, DICH kennenzulernen!

 

Zu den offenen Jobs

Larissa Flecklin
Larissa Flecklin
«Ich startete meine berufliche Laufbahn mit einer kaufmännischen Lehre, absolvierte anschliessend ein Bachelorstudium im Bereich Management und studiere nun Online Business & Marketing im Master an der Hochschule Luzern. Zudem arbeite ich als Junior Projektmanagerin bei professional.ch. Den Weg zu meinem Jobglück fand ich durch das duale Bildungssystem der Schweiz, an das ich von Herzen glaube! Die aufstrebende Generation hat es nicht immer einfach, den richtigen beruflichen Weg zu finden. Deshalb unterstütze und begleite ich mit meinem Know-how und meiner Passion fürs Schreiben junge Professionals und Firmen auf dem Weg zu ihrem "Perfect Match".»
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